3 Minuten
Neue Horizonte für die nicht-invasive Gehirnbildgebung
In einer bahnbrechenden Entwicklung ist es Forschern der Universität Glasgow gelungen, Licht vollständig durch den lebenden menschlichen Kopf zu senden. Dieses Ergebnis stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Technologie der nicht-invasiven Gehirnbildgebung dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, die meist sperrige und teure Geräte erfordern, eröffnet diese innovative Technik die Möglichkeit, tieferliegende Gehirnstrukturen künftig günstiger, mobiler und für mehr Menschen zugänglich zu machen.
Wissenschaftlicher Kontext: Grenzen bestehender Gehirnscan-Technologien
Bisherige Verfahren zur Visualisierung der Hirnaktivität – wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) – liefern zwar hochauflösende Informationen, sind jedoch kostenintensiv, ortsgebunden und im Klinikalltag häufig unpraktikabel. Tragbare Verfahren wie die Elektroenzephalographie (EEG) oder traditionelle funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) sind kompakter und erschwinglich, können jedoch nicht tief in das Gehirn eindringen. Übliche fNIRS-Systeme erfassen lediglich wenige Zentimeter, wodurch sie für Untersuchungen tieferliegender Gehirnregionen oder wichtiger Biomarker nur eingeschränkt geeignet sind.
Versuchsanordnung: Erweiterung der fNIRS-Technologie zur Durchdringung des gesamten Schädels
Um diese Einschränkungen zu überwinden, optimierte das Team in Glasgow das fNIRS-Verfahren gezielt: Durch die präzise Steigerung der Nahinfrarot-Laserintensität – unter Einhaltung sicherer biologischer Grenzwerte – sowie die Implementierung eines modernen Photonensammelsystems gelang es, die Lichtmenge, die den menschlichen Kopf durchdringen kann, deutlich zu erhöhen. Im Experiment erreichte zwar nur ein geringer Teil der Photonen die Gegenseite des Kopfes, dennoch konnte damit das grundlegende Potenzial für zukünftige Anwendungen der Gehirnbildgebung eindrucksvoll belegt werden.
Herausforderungen und Einschränkungen
Der Lichtdurchgang gelang bislang bei nur einem von acht Probanden – einem Mann mit heller Haut und kahler Kopfhaut, wodurch die Lichtabsorption und -streuung minimiert wurden. Die Messung benötigte zudem ein spezielles Aufbausystem und etwa 30 Minuten Messdauer. Die Wissenschaftler betonen, dass es zunächst lediglich um den Machbarkeitsnachweis für diese tiefenwirksame Methode ging. Diese ersten Ergebnisse schaffen jedoch die Basis für künftige Optimierungen hinsichtlich Geschwindigkeit, Flexibilität und der Anwendung bei verschiedenen Patientengruppen.

Zentrale Erkenntnisse und Bedeutung für die Hirnforschung
Eine der bemerkenswerten Entdeckungen dieser Studie betrifft die Ausbreitung der Photonen im Schädel. Computermodelle, die auf 3D-Kopfscans basieren, konnten die tatsächlichen Lichtwege präzise vorhersagen. Entscheidend ist zudem, dass das Licht nicht zufällig im Kopf streut, sondern bevorzugte Routen wählt – insbesondere durch vergleichsweise lichtdurchlässige Bereiche wie das mit Liquor gefüllte Hirnwasser. Diese Erkenntnis eröffnet das Potenzial, nicht-invasive Gehirnscans gezielt auf spezifische Regionen auszurichten und ermöglicht tiefere, genauere Einblicke in neuronale Aktivitäten.
Das Forscherteam betont: "Diese Ergebnisse zeigen das Potenzial, nicht-invasive lichtbasierte Gehirnbildgebung zur Tomografie kritischer Biomarker tief im menschlichen Kopf weiterzuentwickeln."
Bedeutung und Zukunftsperspektiven
Die verbesserte fNIRS-Methode vereint mehrere Vorteile gegenüber anderen neuroimaging Verfahren. Die Kostenersparnis und die Portabilität könnten neue Einsatzmöglichkeiten für Diagnostik eröffnen, beispielsweise beim Monitoring von Schlaganfällen, Hirnverletzungen oder Hirntumoren – selbst außerhalb großer Kliniken. Durch die nicht-invasive Erfassung tiefer Gehirnregionen kann auch die Forschung zu kognitiver Entwicklung, neurologischen Erkrankungen und psychischer Gesundheit über die gesamte Lebensspanne beschleunigt werden.
Künftig sollen weitere Studien die Messzeit verkürzen, die Methode für verschiedene Kopf- und Haartypen erweitern und die Entwicklung von nächsten Generationen der Gehirnbildgebungsgeräte vorantreiben. Auch wenn bis zur alltäglichen Nutzung noch einige Herausforderungen bestehen, markiert dieser Fortschritt einen wesentlichen Schritt auf dem Weg, die Lücke zwischen einfachen tragbaren EEG-Geräten und hochauflösender fMRT zu schließen.
Die Forscher heben hervor: "Optische Methoden zur nicht-invasiven Bildgebung des menschlichen Gehirns könnten die technologische Lücke zwischen günstigen, tragbaren Geräten wie EEG und teuren Hochleistungs-Systemen wie fMRT schließen."
Fazit
Diese richtungsweisende Studie zeigt erstmals, dass sich mit einem optimierten fNIRS-System Licht vollständig durch den menschlichen Kopf schicken lässt. Auch wenn sich diese innovative Methode noch in einem frühen Stadium befindet, weist sie den Weg zu einer Zukunft, in der tiefgehende Gehirnbildgebung sicherer, kostengünstiger und weit verbreitet ist – mit großem Potenzial, sowohl die Forschung als auch die klinische Versorgung in Neurologie und Neurowissenschaften zu revolutionieren.
Kommentare