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Fledermäuse als Reservoir: Neue Viren mit zoonotischem Potenzial in den Obstgärten Chinas entdeckt

Fledermäuse als Reservoir: Neue Viren mit zoonotischem Potenzial in den Obstgärten Chinas entdeckt

2025-06-25
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Hintergrund: Fledermäuse als Reservoir für neu auftretende Viren

Jüngste Forschungen rücken die Provinz Yunnan im Südwesten Chinas in den Fokus, nachdem Wissenschaftler entdeckt haben, dass Fledermäuse in regionalen Obstgärten eine Vielzahl bislang unbekannter Krankheitserreger beherbergen. Durch die außergewöhnliche Artenvielfalt wird diese Region mehr denn je zur zentralen Anlaufstelle für die Überwachung neu auftretender Infektionskrankheiten, insbesondere im Zusammenhang mit potenziellen zoonotischen Viren.

Forschungsüberblick: Identifizierung unbekannter Krankheitserreger

Ein Forscherteam unter Leitung von Dr. Guopeng Kuang vom Yunnan Institute of Endemic Disease Control and Prevention und Dr. Tian Yang von der Dali Universität führte eine umfassende genetische Analyse an insgesamt 142 Fledermäusen aus zehn verschiedenen Arten durch. Mithilfe moderner Sequenzierungstechnologien konnten sie 20 neuartige Viren, einen neu entdeckten Bakterienstamm und einen Protozoen-Parasiten identifizieren. Besonders alarmierend sind dabei zwei Viren der Gattung Henipavirus, bekannt dafür, zahlreiche Wirtsarten zu infizieren und über lange Genome zu verfügen.

Zentrale Ergebnisse: Mögliche Verwandtschaft zu Nipah- und Hendra-Viren

Die erfassten Henipaviren weisen beträchtliche genetische Übereinstimmungen mit den gefährlichen Nipah- und Hendra-Viren auf, die beim Menschen und bei Tieren schwere, häufig tödlich verlaufende Erkrankungen auslösen. Diese Erreger sind zwar selten, haben aber bereits mehrfach Ausbrüche mit hoher Sterblichkeit verursacht. Auffällig ist, dass mehr als die Hälfte der Genabschnitte der jetzt entdeckten Viren mit denen von Nipah und Hendra identisch sind, was internationale Fachleute beunruhigt und zu verstärkter Überwachung mahnt.

Bedenken hinsichtlich zoonotischer Übertragungen

Es bleibt unklar, ob die neuen Henipaviren tatsächlich auf Menschen oder Haustiere übergehen können. Ihre enge Verwandtschaft mit bekannten humanpathogenen Viren verlangt jedoch erhöhte Aufmerksamkeit und umfassende Risikobewertung. Wie der Molekularvirologe Dr. Vinod Balasubramaniam von der Monash Universität Malaysia erklärt, wurden die Henipaviren vor allem in den Nieren der Fledermäuse nachgewiesen – Organe, die mit der Harnabgabe in Verbindung stehen. Dies deutet darauf hin, dass eine Infektion über Kontakt zu kontaminierten Früchten oder Wasser, ähnlich wie bei früheren zoonotischen Ausbrüchen, erfolgen könnte.

Ökologische Bedeutung und Herausforderungen

Bemerkenswert ist, dass die untersuchten Fledermäuse direkt in Obstgärten gefangen wurden, wo sie regelmäßig mit Menschen und Vieh in Berührung kommen. Diese Umweltüberschneidung könnte eine Übertragung fledermausassoziierter Viren fördern, sollten artspezifische Barrieren überwunden werden. Gleichzeitig leisten Fledermäuse einen erheblichen ökologischen Beitrag: Sie sind natürliche Bestäuber, verbessern die Bodenqualität und helfen, Schädlinge zu bekämpfen. Für chinesische Apfelbauern beugen insektenfressende Fledermäuse Ernteverlusten im Wert von rund zwei Milliarden US-Dollar jährlich vor.

Dr. Alison Peel, Tierärztin und Krankheitsökologin an der Universität Sydney, die an der Studie nicht beteiligt war, warnt indes: Nicht alle nahen Verwandten von Nipah- und Hendra-Viren stellen automatisch eine Gefahr für Mensch oder Tier dar. "Einige evolutionäre Verwandte dieser Erreger bedrohen keine Menschen oder Nutztiere. Sorgfältige Laboranalysen sind unerlässlich, um das tatsächliche Übertragungspotenzial dieser neuen Henipaviren zu bestimmen," so Peel.

Fazit

Das Aufspüren mehrerer neuer Viren bei Fledermäusen aus chinesischen Obstplantagen zeigt die hohe Relevanz einer kontinuierlichen Virusüberwachung in Wildtierpopulationen und verdeutlicht die enge Verknüpfung von Biodiversität, Landwirtschaft und öffentlicher Gesundheit. Obwohl bisher keine Hinweise auf akute Infektionen beim Menschen vorliegen, unterstreicht die genetische Ähnlichkeit zu hochpathogenen Erregern wie Nipah und Hendra den Bedarf an weiterer Forschung. Laufende Überwachung, sorgfältige Risikobewertung und gezielte Laborstudien sind entscheidend, um das Risiko korrekt einzuschätzen und Maßnahmen zu entwickeln, die das Gleichgewicht zwischen Ökosystemschutz und Seuchenprävention sichern.

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