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Neue Einblicke in die verborgene Vielfalt kretazischer Kalmare

Neue Einblicke in die verborgene Vielfalt kretazischer Kalmare

2025-06-27
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4 Minuten

Verborgene Vielfalt der Kretazischen Kalmare entdeckt

Eine bahnbrechende paläontologische Studie hat aufgedeckt, dass die Ozeane der Erde während der Kreidezeit – vor etwa 100 Millionen Jahren – eine erstaunliche Artenvielfalt von Kalmaren beherbergten. Forschende aus Japan und Deutschland identifizierten anhand fossiler Kopffüßer-Schnäbel 40 bisher unbekannte Arten und erweitern damit unser Bild der urzeitlichen Meeresfauna erheblich.

Diese Entdeckung revolutioniert das Verständnis der marinen Biodiversität zur Zeit der Dinosaurier, da urzeitliche Kalmare offenbar eine führende Rolle im Nahrungsnetz einnahmen und bedeutender waren als bislang vermutet.

Wissenschaftlicher Hintergrund: Fossile Spuren aus ferner Vergangenheit

Fossilien entstehen meist aus harten Bestandteilen wie Knochen, Schalen oder Zähnen, da weiche Gewebe rasch zerfallen und selten erhalten bleiben. Kopffüßer – eine Gruppe, zu der Kalmare, Kraken, Nautilusse und Sepien gehören – bestehen hauptsächlich aus Weichteilen, was ihre Fossilfunde besonders rar macht. Eine Ausnahme bilden jedoch die robusten, chitinhaltigen Schnäbel, mit denen sich Kalmare ernähren. Unter außergewöhnlichen Bedingungen können diese Strukturen versteinern und über Millionen Jahre erhalten bleiben.

Bisher war aus der mesozoischen Ära nur ein einziger fossiler Kalmarschnabel bekannt, was eine erhebliche Wissenslücke hinsichtlich der früheren Artenvielfalt und ökologischen Rolle von Kalmaren hinterließ.

Innovative Fossilanalyse: Die Bedeutung der Schleiftomografie

Um die mikroskopisch kleinen und zerbrechlichen Fossilien im Gestein untersuchen zu können, nutzte das Forscherteam die neuartige Schleiftomografie. Dabei wird ein fossilführendes Gesteinsstück Schicht für Schicht abgetragen und jede Lage hochauflösend fotografiert. Aus der Abfolge dieser Bilder entsteht dann am Computer eine dreidimensionale Rekonstruktion des Fossilieninhalts.

Zwar wird das Gesteinspräparat durch dieses Verfahren zerstört, doch die entstandenen digitalen 3D-Modelle ermöglichen erstmals einen detaillierten Blick auf diese empfindlichen Fossilien. Mithilfe der Schleiftomografie rekonstruierte das Team eine Probe aus der Kreidezeit und entdeckte darin nahezu 1.000 fossile Kopffüßer-Schnäbel, davon 263 von unbekannten Kalmaren.

Zentrale Erkenntnisse: Vielfalt und Häufigkeit urzeitlicher Kalmare

Unter den 263 untersuchten Kalmarexemplaren identifizierten Paläontologen mindestens 40 neue Arten und erweiterten damit das bisher bekannte Spektrum der Kreide-Kalmare beträchtlich. Die erhaltenen Schnäbel hatten Größen zwischen 1,23 und 19,32 Millimetern – deutlich kleiner als der bisher einzige bekannte fossile Kalmarschnabel. Einige waren gerade einmal 10 Mikrometer dünn.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Meere vor 100 Millionen Jahren eine vielfältige und blühende Kalmarpopulation unterstützten. „Sowohl in Anzahl als auch in Größe dominierten diese fossilen Kalmare eindeutig die Kreide-See“, erläutert der leitende Forscher Shin Ikegami von der Universität Hokkaido. „Ihre Körpermaße waren vergleichbar oder sogar größer als die der Ammoniten, mit denen sie gemeinsam vorkamen – ein Beleg für ihre Rolle als flinke und räuberische Arten.“

Die Studie legt zudem nahe, dass die Kalmar-Biomasse damals sogar höher war als die von Fischen und Ammoniten, zwei bisher als Schlüsselgruppen angesehene Bewohner prähistorischer Meere. Das Ergebnis widerlegt die bisherige Annahme, dass Kalmare erst nach dem Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren ökologisch bedeutsam wurden.

Bedeutung für die Erforschung der Meeresentwicklung

Die aufgedeckte versteckte Vielfalt unterstreicht, dass die rasche Ausbreitung und Differenzierung der Kalmare bereits lange vor dem Massenaussterben am Ende der Kreide begann. Co-Autor Yasuhiro Iba von der Universität Hokkaido betont: „Diese Erkenntnisse verändern unser Bild der vergangenen marinen Ökosysteme grundlegend. Wahrscheinlich waren Kalmare die Vorreiter jener schnellen und intelligenten Schwimmer, die heute unsere Meere beherrschen.“

Die gewonnenen Einsichten beeinflussen künftige Forschungen zur Kopffüßerevolution, zu antiken Nahrungsketten und zu den Umweltveränderungen, die die marine Biodiversität im Lauf der Erdgeschichte geprägt haben.

Fazit

Der Fund von 40 neuen Kalmararten in einem 100 Millionen Jahre alten Gestein legt die verborgene Vielfalt der Kreide-Ozeane offen. Die innovative Nutzung der Schleiftomografie ermöglicht erstmals detaillierte Einblicke in einen bisher unzugänglichen Teil des Fossilberichts und rückt die Kalmare ins Zentrum der marinen Evolution zur Dinosaurierzeit. Mit weiteren Fortschritten in den Analysetechniken und neuen Fossilienfunden wird unser Verständnis der urzeitlichen Meeresökosysteme und der evolutionären Ursprünge der heutigen Kopffüßer weiter wachsen und viele Geheimnisse der Tiefsee enthüllen.

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