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Alkohol und Gehirngesundheit: Eine wachsende Besorgnis
Die negativen Auswirkungen von Alkohol auf die Gesundheit sind seit Langem bekannt, insbesondere in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Leberprobleme. Neue wegweisende Studien der Universität São Paulo in Brasilien rücken nun die Risiken für die Gehirngesundheit weiter in den Fokus. Die Forschung zeigt deutliche Zusammenhänge zwischen hohem Alkoholkonsum und langfristigen Schädigungen des Gehirns, darunter ein erhöhtes Risiko für vaskuläre Hirnläsionen und die Entwicklung von Alzheimer-Biomarkern.
Studienüberblick: Untersuchung von Gehirngewebe nach dem Tod
Die Ergebnisse stammen aus Brasiliens groß angelegtem „Biobank for Aging Studies“-Projekt, das post-mortem Gehirngewebe analysiert, um das Verständnis neurologischer Erkrankungen zu vertiefen. In dieser Studie wurden die Gehirne von 1.781 Verstorbenen untersucht. Medizinische und neurologische Befunde wurden mit detaillierten Informationen zum Alkoholkonsum in den letzten drei Lebensmonaten abgeglichen, die von den nächsten Angehörigen bereitgestellt wurden.
Zur genauen Risikoanalyse wurden die Studienteilnehmer in vier Gruppen eingeteilt: Niemals-Trinker (965 Personen), moderate Trinker (bis zu sieben Getränke pro Woche, 319 Personen), starke Trinker (acht oder mehr Getränke pro Woche, 129 Personen) sowie ehemalige starke Trinker (368 Personen, die früher viel tranken, aber damit aufgehört hatten). Ein Standardgetränk entsprach dabei 14 Gramm reinem Alkohol.
Wichtige Ergebnisse: Erhöhte Risiken für Hirnläsionen und Alzheimer-Marker
Nach Kontrolle relevanter Einflussfaktoren wie Raucherstatus und körperliche Aktivität zeigten sich folgende wichtige Muster:
- Starke Trinker hatten ein um 133 % erhöhtes Risiko, vaskuläre Hirnläsionen zu entwickeln – also geschädigte Stellen in den Blutgefäßen des Gehirns – im Vergleich zu Abstinenzlern.
- Auch ehemalige starke Trinker wiesen noch ein um 89 % höheres Risiko für diese Läsionen auf; bei moderaten Trinkern lag das Risiko um 60 % höher.
- Starke Trinker entwickelten zu 41 % öfter krankhafte Tau-Protein-Verschlingungen, ein zentrales Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit; bei ehemaligen starken Trinkern lag das Risiko um 31 % erhöht.
- Die Lebenserwartung wurde ebenfalls stark beeinflusst: Starke Trinker starben im Durchschnitt 13 Jahre früher als Nicht-Trinker.
Zusätzlich zeigten frühere starke Trinker oft ein geringeres Verhältnis von Gehirnmasse zu Körpergröße sowie eingeschränkte kognitive Fähigkeiten, was die Langzeitfolgen von dauerhaft überhöhtem Alkoholkonsum unterstreicht.

Expertensicht und Bedeutung für die öffentliche Gesundheit
Studienleiter Dr. Alberto Fernando Oliveira Justo erklärt: „Wir konnten nachweisen, dass starker Alkoholkonsum direkt mit Anzeichen von Hirnschäden verbunden ist, die langfristige Auswirkungen auf Gedächtnis und Denkfähigkeit haben können. Das Verständnis dieser Effekte ist entscheidend für die öffentliche Gesundheit und die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen gegen übermäßiges Trinken.“
Die Untersuchung konzentrierte sich insbesondere auf Verletzungen wie hyaline Arteriolosklerose (Verdickung kleiner Hirnarterien) und Tau-Ablagerungen im Zusammenhang mit Alzheimer. Kognitive Veränderungen wurden durch Befragungen der Angehörigen über die geistigen Fähigkeiten der Verstorbenen kurz vor dem Tod erfasst.
Einschränkungen der Studie und Forschungsbedarf
Obwohl die Ergebnisse auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Hirnschäden hindeuten, weisen die Autoren darauf hin, dass es sich um eine Querschnittsstudie handelt, die keine direkte Kausalität, sondern lediglich Korrelationen nachweisen kann. Außerdem konnten Veränderungen im Lebensstil oder der genaue Verlauf des Alkoholkonsums nicht beobachtet werden. Zukünftige Langzeitstudien sind unerlässlich, um die Auswirkungen von langfristigem Alkoholkonsum auf Alterungsprozesse und neurologische Gesundheit zu verstehen.
Fazit
Die zunehmende Zahl wissenschaftlicher Erkenntnisse macht deutlich, dass anhaltender und starker Alkoholkonsum ein erhebliches Risiko für die Gesundheit des Gehirns darstellt. Die Wahrscheinlichkeit für vaskuläre Hirnläsionen und Alzheimer-Biomarker steigt deutlich. Selbst nach einer Abstinenz können ehemalige starke Trinker langfristige neurologische Einschränkungen behalten. Diese neuen Erkenntnisse zeigen, wie wichtig es ist, starken Alkoholkonsum zu reduzieren – nicht nur zum Schutz von Herz und Leber, sondern auch zur Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten und gesunden Gehirnalterung. Da die Forschung die komplexen Zusammenhänge zwischen Lebensstil und neurodegenerativen Erkrankungen weiter aufklärt, bleiben Aufklärung und Prävention entscheidend, um die Risiken von Alkoholkonsum für die Gehirngesundheit zu minimieren.
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