Revolution in der Reproduktionsbiologie: Erste fruchtbare Mäuse mit zwei Vätern | Technologie, Auto, Krypto & Wissenschaft – Testright.de
Revolution in der Reproduktionsbiologie: Erste fruchtbare Mäuse mit zwei Vätern

Revolution in der Reproduktionsbiologie: Erste fruchtbare Mäuse mit zwei Vätern

2025-06-28
0 Kommentare

3 Minuten

Neue Wege der Fortpflanzung: Mäuse entstehen erstmals aus zwei Vätern

In einem Meilenstein der Genforschung und Reproduktionsbiologie ist es Wissenschaftlern gelungen, Mäuse zu erschaffen, die ausschließlich aus der genetischen Information zweier männlicher Elternteile hervorgegangen sind – ganz ohne mütterliche DNA. Bemerkenswerterweise wurden diese Mäuse nicht nur erwachsen, sondern konnten sich auch selbst fortpflanzen und gesunde Nachkommen zur Welt bringen. Dieser Durchbruch stellt einen bedeutenden Fortschritt im Bereich der Androgenese dar, bei der ein Organismus ausschließlich aus väterlichen Genen entwickelt wird.

Hintergrund: Androgenese und Genomische Prägung

Für die herkömmliche Fortpflanzung von Säugetieren ist die Kombination genetischer Informationen von Mutter und Vater erforderlich. Dadurch wird sichergestellt, dass sogenannte Imprinting-Kontrollregionen (ICRs), DNA-Abschnitte mit regulatorischer Funktion, im Gleichgewicht sind. Störungen in diesen Regionen – etwa wenn nur väterliche oder nur mütterliche DNA vorliegt – führen meist zu Entwicklungsstörungen oder zum Tod des Embryos. Möglichkeiten, diese Hindernisse zu überwinden, könnten weitreichende Konsequenzen für die Genetik, Evolutionsbiologie und Reproduktionsmedizin haben.

Frühere Forschungsansätze erzielten bereits Teilerfolge, indem Mäuse im Labor aus den Spermien zweier Väter erzeugt wurden. Allerdings waren die entstandenen Tiere unfruchtbar. Die Ursache lag offenbar in einer fehlerhaften Kontrolle der ICRs, woraufhin sich aktuelle Forschungen auf gezielte Genom-Editierung konzentrieren.

Durchbruch an der Shanghai Jiao Tong Universität

Ein Forschungsteam der Shanghai Jiao Tong Universität in China kombinierte molekularbiologische Methoden mit fortschrittlicher Genom-Editierung. Zunächst entfernten die Wissenschaftler den Zellkern – und damit die weibliche DNA – aus Mäuse-Eizellen, um einen genetisch neutralen Ausgangspunkt zu schaffen. Anschließend wurden zwei Spermienzellkerne in die entkernte Eizelle injiziert. Entscheidend war die gezielte Veränderung von sieben spezifischen ICRs, die zuvor als Hauptursache für das Absterben von Embryonen identifiziert wurden.

Nach der Genom-Editierung wurden die rekonstruierten Embryonen in Leihmütter implantiert. Aus 259 Blastozysten entstanden drei lebende Mäuse, von denen zwei das Erwachsenenalter erreichten. Besonders bedeutsam ist, dass diese Mäuse sich normal entwickelten und gesunde, fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugten. Damit ist erstmals nachgewiesen, dass androgenetische Vererbung nicht nur Leben, sondern auch Fruchtbarkeit hervorbringen kann.

Bedeutung und Zukunftsperspektiven

Auch wenn die Erfolgsrate aktuell noch gering ist, zeigt dieser Fortschritt, dass gezielte epigenetische Reprogrammierung die natürlichen Grenzen der uniparentalen Fortpflanzung bei Säugetieren überwinden kann. Der Prozess ist jedoch aufwendig und, wie die Forscher betonen, deutlich komplexer als die Erzeugung von Nachkommen aus zwei Müttern, die meist weniger genetische Eingriffe erfordert.

Der Durchbruch eröffnet neue Möglichkeiten für die Reproduktionsmedizin. Er könnte zukünftig zu neuen Ansätzen in der Fruchtbarkeitsbehandlung führen und unser Verständnis genetischer Ursachen angeborener Erkrankungen vertiefen. Dennoch bleibt die Anwendung auf andere Säugetiere einschließlich des Menschen aus technischen und ethischen Gründen eine ferne Vision.

Expertenmeinung

Die Studienleiter heben das transformative Potenzial ihrer Arbeit hervor: „Wir wollten die Entwicklung androgenetischer Embryonen verbessern, indem wir den epigenetischen Status entscheidender Imprinting-Kontrollregionen wiederherstellen“, schreiben sie. „Dies ermöglichte es uns, zeugungsfähige Mäuse allein aus dem Erbgut zweier Spermien zu schaffen.“

Fazit

Die erfolgreiche Geburt und Fortpflanzung von Mäusen mit ausschließlich väterlicher DNA markiert einen entscheidenden Fortschritt in der Gentechnik und Reproduktionsmedizin. Auch wenn das Verfahren technisch anspruchsvoll bleibt und die Effizienz noch niedrig ist, beweist es, dass Säugetierleben – und Fruchtbarkeit – grundsätzlich aus zwei Vätern entstehen kann. Verbesserte Methoden der Genom-Editierung und laufende ethische Debatten könnten eines Tages dazu beitragen, Möglichkeiten der Fruchtbarkeitsbehandlung zu erweitern und unser Wissen über Entwicklung und Vererbung bei Säugetieren zu vertiefen.

Kommentare

Kommentar hinterlassen