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Hintergrund: Die Entwicklung von Fastendiäten im Überblick
In den vergangenen Jahren haben Wasserfasten-Diäten auf sozialen Medien und in Wellness-Communities stark an Popularität gewonnen. Häufig werden sie als effektive Methode für schnellen Gewichtsverlust und eine umfassende Gesundheitsoptimierung angepriesen. Doch wissenschaftliche Studien stellen zunehmend die Sicherheit und die physiologischen Folgen dieser stark eingeschränkten Diätformen infrage, besonders wenn sie über mehrere Tage oder länger durchgeführt werden. Während das Intervallfasten, bei dem Essenszeiten und Fastenperioden abwechseln, hinsichtlich seiner metabolischen Vorteile untersucht wurde, ist vergleichsweise wenig über die gesundheitlichen Auswirkungen eines längeren reinen Wasserfastens bekannt.
Neue klinische Studie: Auswirkungen des Wasserfastens untersucht
Um diese Wissenslücke zu schließen, führte ein internationales Forscherteam eine kontrollierte Studie durch, die kürzlich in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wurde. Die Studie untersuchte die gesundheitlichen Effekte bei 20 übergewichtigen Erwachsenen, die zehn Tage lang ausschließlich Wasser konsumierten. Die Teilnehmenden wurden während des gesamten Fastens engmaschig überwacht.
Beobachteter Gewichtsverlust und Nebenwirkungen
Im Durchschnitt verloren die Probanden 7,7% ihres Ausgangsgewichts – ein deutlicher Gewichtsverlust. Dieser schnelle Erfolg war jedoch mit Nebenwirkungen verbunden. Viele Teilnehmende berichteten über Kopfschmerzen, Schlafstörungen (wie Insomnie) und signifikante Blutdruckabfälle. Solche Nebenwirkungen machen deutlich, dass vor allem Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen beim Wasserfasten ein erhöhtes Risiko tragen.
Biochemische Ergebnisse: Entzündungs- und Stressmarker
Entgegen der Annahme, dass längeres Wasserfasten Entzündungen im Körper senken könnte, ergab die Studie einen gegenteiligen Effekt. Unter der Leitung von Dr. Luigi Fontana von der Universität Sydney zeigte sich, dass sich die physiologische Belastung erhöhte und die Konzentration entzündungsrelevanter Proteine im Blut deutlich anstieg. Insbesondere Werte des C-reaktiven Proteins (CRP) und Interleukin 8 (IL-8), die beide als Marker für systemische Entzündungen gelten, stiegen signifikant. "Unsere ursprüngliche Hypothese war, dass sich durch Wasserfasten die Entzündungen verringern. Tatsächlich beobachteten wir jedoch einen deutlichen Anstieg entzündungsfördernder Proteine, was Vorbehalte insbesondere bei Menschen mit Herz- und Gefäßerkrankungen begründet", so Dr. Fontana.
Weitere biologische Effekte: Auswirkungen auf Muskeln, Knochen und Gehirn
Neben den Entzündungsparametern zeigte sich überraschend, dass bestimmte Proteine, die mit Muskel- und Knochenabbau assoziiert sind, im Blut abnahmen. Dies deutet auf eine vorübergehende Reduktion körpereigener Abbauprozesse während des Fastens hin. Zudem verringerten sich die Amyloid-Beta-Proteine, die mit der Entstehung von Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Ob dieses Ergebnis tatsächlich einen Vorteil für die neurologische Gesundheit darstellt, bleibt jedoch unklar und erfordert weitere Forschung.

Einschränkungen der Studie und Warnung zur Vorsicht
Das Forschungsteam betont, dass die Ergebnisse als vorläufig zu betrachten sind. Die Stichprobengröße war mit 20 übergewichtigen Personen begrenzt, und Aussagen über längerfristige oder umfassendere Effekte sind noch nicht möglich. Der starke Entzündungsanstieg könnte kurzfristig eine Anpassungsreaktion des Körpers sein, langfristig aber negative kardiometabolische Folgen nach sich ziehen.
Expertenwarnung: Medizinische Betreuung unerlässlich
„Das bewusste Verzichten auf Nahrung über längere Zeiträume birgt ernsthafte Risiken. Eine medizinische Begleitung ist für derartige Fastenprotokolle zwingend erforderlich“, mahnt das Studienteam. Zudem seien umfassende Studien mit vielfältigeren Teilnehmergruppen notwendig, um die molekularen und klinischen Auswirkungen des Langzeitfastens zu erfassen.
Vergleich mit Intervallfasten und Ausblick
Die positiven Erwartungen an das Fasten gehen größtenteils auf Studien zum Intervallfasten zurück, das mit langsameren Alterungsprozessen, geringerer Entzündung und reduziertem Krankheitsrisiko in Verbindung gebracht wird. Doch aktuelle Forschung legt nahe, dass diese Vorteile vor allem bei einer Kombination von Intervallfasten und bewusster Kalorienreduktion eintreten – die Ergebnisse lassen sich nicht automatisch auf längeres Wasserfasten übertragen. Die individuellen Reaktionen auf Fasten sind äußerst unterschiedlich, sodass kein einheitlicher Ansatz existiert.
Fazit
Die neuen Erkenntnisse dieser Studie mahnen zur Vorsicht: Längere Wasserfastenperioden sollten keinesfalls ohne strikte ärztliche Überwachung begonnen werden. Kurzfristiger Gewichtsverlust ist möglich, doch die erhöhte Entzündungsbereitschaft und weitere Nebenwirkungen bergen erhebliche Gesundheitsrisiken, insbesondere für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen. Das Thema Fasten bleibt komplex – und künftige Forschungen sind dringend erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und Gesundheitsprofile zu verstehen. Wie Dr. Fontana zusammenfasst: „Fasten kann kurzfristig tiefgreifende Auswirkungen haben, doch bis es wirklich als Maßnahme zur Gesundheitsförderung geeignet ist, sind noch zahlreiche Untersuchungen notwendig.“
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