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Eine bahnbrechende Tiefseeexpedition hat bisher unbekannte Ökosysteme rund um Hydrothermalquellen in einer der entlegensten Regionen der Erde – den Süd-Sandwich-Inseln – entdeckt. Unter der Leitung eines internationalen Forscherteams auf dem Forschungsschiff Falkor (too) des Schmidt Ocean Institute war die Mission ein zentrales Element der Ocean Census-Initiative. Ziel dieses Projekts ist es, die vom Klimawandel und Tiefseebergbau bedrohte marine Biodiversität zu erfassen und zu schützen.
Wissenschaftliche Mission am Rand des Südlichen Ozeans
Während 35 Tagen navigierten Expertenteams durch die gefährlichen Gewässer des Südatlantiks, nördlich der eisigen Antarktis. Diese Region, geprägt vom tiefsten Graben des Südlichen Ozeans, zählt zu den am wenigsten erforschten Gebieten unseres Planeten. Trotz Unterwasserbeben, mächtigen Stürmen, hohen Wellen und treibenden Eisbergen gelang es dem Forschungsteam, neue Hydrothermalquellen zu kartieren und wertvolle Daten zur reichen Artenvielfalt der Region zu sammeln.
Hydrothermalquellen sind Spalten auf dem Meeresboden, aus denen heißes, mineralreiches Wasser austritt. Sie bieten Lebensraum für einzigartige Tiefsee-Ökosysteme, die auf Chemosynthese statt Sonnenlicht basieren. Bislang wurden die Hydrothermalfelder nahe der Süd-Sandwich-Inseln nicht direkt mit ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs) erkundet, sodass ein Großteil ihrer marinen Artenvielfalt bislang im Verborgenen lag.

Lebendige Ökosysteme und einzigartige Tiefseearten
Zu den herausragenden Entdeckungen der Expedition zählt ein farbenprächtiger Korallengarten am Humpback Seamount in etwa 700 Metern Tiefe. Dort erheben sich bis zu vier Meter hohe Vent-Schornsteine, die von Seepocken, Meeresschnecken und Scharen von Garnelen bevölkert werden, die die Formationen wie Drohnen umkreisen.

Dank ferngesteuerter Unterwasserfahrzeuge gelang es den Wissenschaftlern, diese bisher unerforschten Hydrothermalsysteme nordöstlich der Quest Caldera – dem bisher einzigen bekannten Ventgebiet der Süd-Sandwich-Kette – detailliert zu dokumentieren. Hydrographin Jenny Gales von der University of Plymouth bemerkte: "Die Entdeckung dieser Hydrothermalquellen war ein magischer Moment – sie wurden hier zum allerersten Mal beobachtet."
Die Expedition lieferte zudem Nahaufnahmen faszinierender Tiefseebewohner:
- Ein bisher unbekannter Nacktschnecke, gesichtet in 268 Metern Tiefe bei beinahe gefrierender Wassertemperatur östlich von Montagu Island.
- Ein Grenadierfisch, dessen Kiemen von parasitären Ruderfußkrebsen, vermutlich Lophoura szidati, befallen waren.
- Eine kräftige Seegurke, die in 650 Metern Tiefe bei Saunders East einen sogenannten „Tiefsee-Pilz“ im Maul trug.
- Die erste Aufnahme von Akarotaxis aff. gouldae, einer schwer auffindbaren Drachenfischart, die seit ihrer Entdeckung vor zwei Jahren nicht mehr dokumentiert wurde.
- Schneckenfischnestlinge, die an Schwarzer Koralle haften – ein bis dato unbekanntes Verhalten, selbst für Meeresbiologen.

Globale Bedeutung und Zukunft der Tiefseeforschung
Michelle Taylor, wissenschaftliche Leiterin des Ocean Census-Projekts, betonte die Tragweite der Expeditionsergebnisse: „Diese Forschung gibt uns einen Einblick in eine der abgelegensten und biologisch reichsten Regionen unseres Ozeans. Genau dafür existiert Ocean Census – um unser Verständnis des Lebens im Meer rechtzeitig zu erweitern.“

Die Funde vor den Süd-Sandwich-Inseln verdeutlichen, wie dringend weitere Erforschung und Dokumentation von Tiefseehabitaten ist – besonders, da diese durch menschliche Aktivitäten wie Tiefseebergbau und Klimawandel gefährdet sind. Fortschrittliche Technologien wie ROVs und Unterwasserbildgebung sind essenziell, um die letzten unerforschten Gebiete unseres Planeten zu erschließen.

Fazit
Diese erfolgreiche Mission erweitert nicht nur unser Wissen über Ökosysteme von Hydrothermalquellen, sondern unterstreicht auch die außergewöhnliche Biodiversität in den abgelegensten Meeresgebieten der Erde. Mit der Entdeckung neuer Arten und ökologischer Zusammenhänge liefern diese Erkenntnisse wichtige Impulse für Meeresschutz und für die zukünftige Gestaltung globaler Strategien zum Schutz und Management der Ozeane.
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