Langfristige Einnahme von Desogestrel: Neues Forschungswissen zum Meningiom-Risiko | Technologie, Auto, Krypto & Wissenschaft – Testright.de
Langfristige Einnahme von Desogestrel: Neues Forschungswissen zum Meningiom-Risiko

Langfristige Einnahme von Desogestrel: Neues Forschungswissen zum Meningiom-Risiko

2025-06-17
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Überblick: Neue Studie verknüpft längeren Desogestrel-Gebrauch mit erhöhtem Meningiom-Risiko

Eine bedeutende epidemiologische Untersuchung hat einen kleinen, aber messbaren Anstieg des Risikos für die Entwicklung eines Meningioms – einer meist gutartigen Hirntumorform – bei Frauen festgestellt, die die Desogestrel-Pille über einen längeren Zeitraum als hormonelle Verhütung einnehmen. Obwohl das Gesamtrisiko niedrig bleibt, rückt diese Studie die Sicherheit der langfristigen hormonellen Kontrazeption erneut in den Fokus und unterstreicht die Notwendigkeit individueller Beratungsgespräche zwischen Patientinnen und medizinischem Fachpersonal.

Wissenschaftliche Hintergründe: Hormonelle Verhütung und Hirngesundheit

Meningiome sind Tumoren, die aus den Hirn- und Rückenmarkshäuten entstehen. Sie sind in der Regel nicht bösartig, können jedoch zu neurologischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Krampfanfällen oder Sehstörungen führen und müssen manchmal operativ entfernt werden. In den letzten Jahrzehnten ist das wissenschaftliche Interesse an einem möglichen Zusammenhang zwischen hormonellen Therapien und dem Meningiom-Risiko, insbesondere bei synthetischen Gestagenen wie Desogestrel, gewachsen.

Desogestrel ist ein synthetisches Progesteron, das eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Menstruationszyklus und dem Erhalt der Schwangerschaft spielt. Synthetische Gestagene werden häufig in oralen Verhütungsmitteln eingesetzt und wurden schon früher im Zusammenhang mit hormonempfindlichen Tumoren wie dem Meningiom untersucht.

Studiendetails: Risikobewertung durch große Datensätze

In der Studie der französischen Arzneimittelbehörde (ANSM) wurden die Gesundheitsdaten von 92.301 Frauen mit einem Durchschnittsalter von knapp 60 Jahren analysiert. Mithilfe einer retrospektiven Fall-Kontroll-Analyse wurden 8.391 Frauen mit chirurgisch entferntem Meningiom mit Kontrollpersonen ohne Hirntumor verglichen.

Das Forschungsteam stellte fest, dass bei Frauen, die Desogestrel länger als fünf Jahre einnahmen, das Risiko für die Entwicklung eines operativ relevanten Meningioms bei etwa 1 zu 17.331 lag. Zum Vergleich: Frauen mit einer Nutzungsdauer unter fünf Jahren hatten ein geringeres Risiko von 1 zu 67.300. Diese Ergebnisse zeigen, dass das absolute Risiko zwar weiterhin niedrig ist, aber mit längerer Exposition ansteigt.

Wichtig ist, dass die Beobachtungsstudie keinen direkten ursächlichen Zusammenhang zwischen Desogestrel und Meningiom beweisen kann, was die Forschenden selbst betonen. Dennoch empfehlen sie, bei längerer Einnahme – insbesondere bei der verbreiteten Dosierung von 75 Mikrogramm über mehr als fünf Jahre – besondere Vorsicht und regelmäßige gesundheitliche Kontrollen.

Auswirkungen auf Verhütungswahl und Patientinnenüberwachung

Die Studie enthält auch beruhigende Erkenntnisse: Das erhöhte Risiko scheint etwa ein Jahr nach dem Absetzen von Desogestrel zu verschwinden. Diese Rückbildung ist konsistent mit klinischen Beobachtungen bei anderen gestageninduzierten Meningiomen und deutet darauf hin, dass ein Therapieabbruch eine spontane Rückbildung des Tumors ermöglichen kann, ohne dass eine unmittelbare Operation nötig ist.

"Das Monitoring sollte sich auf Frauen konzentrieren, die Desogestrel 75 Mikrogramm länger als fünf Jahre durchgehend verwendet haben – hier konnten wir ein geringes Risiko für Meningiome belegen", schreiben die Autoren der Studie und betonen die Bedeutung einer individuell angepassten Risikoabschätzung.

Fachleute raten, die Ergebnisse nicht als Grund zur Beunruhigung zu sehen, sondern als Anlass für sachliche Beratungsgespräche zu nutzen. Dr. Gilles Reuter, Neurochirurg und nicht an der Studie beteiligt, erklärte, dass das Absetzen von Desogestrel bei Tumor-Nachweis meist ausreichend sei, da sich das Meningiom oft zurückbilden kann. Dr. Gino Pecoraro, Gynäkologe an der University of Queensland, fügt hinzu: "Generell sollte die Studie kein Anlass zur Sorge sein, sondern vielmehr zur individuellen Diskussion über die passende Verhütungsform mit dem Arzt anregen."

Im Rahmen derselben Analyse wurde auch Levonorgestrel, ein weiteres häufig verwendetes synthetisches Gestagen in Verhütungsmitteln, untersucht. Die Daten zeigten kein erhöhtes Meningiom-Risiko selbst bei mehr als fünfjähriger Anwendung. Dies könnte Levonorgestrel vor allem für Frauen mit zusätzlichen Risikofaktoren als Alternative attraktiver machen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die langfristige Einnahme der Desogestrel-Pille ist mit einem leicht erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Meningioms – meist eines gutartigen Hirntumors – verbunden. Obwohl das Gesamtrisiko gering bleibt, unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung informierter Entscheidungen und regelmäßiger Gesundheitschecks, besonders für Frauen mit langfristigem Verhütungsbedarf. Der Wechsel auf Alternativen wie Levonorgestrel kann das Tumorrisiko senken. Jede medizinische Entscheidung sollte jedoch stets individuell und in enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt getroffen werden. Laufende Forschung zur Sicherheit verschiedener Kontrazeptiva wird weiterhin zu optimalen Empfehlungen für Frauengesundheit und neurologische Sicherheit beitragen.

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