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Parkinson verstehen: Neue Therapien im Fokus der Forschung

Parkinson verstehen: Neue Therapien im Fokus der Forschung

2025-06-19
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Parkinson-Krankheit: Globale Herausforderung und Hintergründe

Die Parkinson-Krankheit zählt weltweit zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen und betrifft über 8,5 Millionen Menschen. Diese chronische Erkrankung ist gekennzeichnet durch fortschreitende Symptome wie Zittern, Muskelsteifigkeit, Gleichgewichtsprobleme, Sprachstörungen, Schlafstörungen und psychische Beschwerden. Das Risiko, an Parkinson zu erkranken, steigt mit dem Alter der Bevölkerung weiter an. Parkinson stellt die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung dar, direkt nach Alzheimer. Im fortgeschrittenen Stadium können Betroffene häufig nicht mehr eigenständig gehen oder sprechen, was auf das Absterben oder die Fehlfunktion der Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirnbereich der Substantia nigra zurückzuführen ist. Ein charakteristisches Merkmal der Parkinson-Krankheit ist die Ansammlung von Lewy-Körperchen – verklumpten, fehlgefalteten Proteinen namens Alpha-Synuklein –, die die neuronale Funktion stören, während sie sich von Zelle zu Zelle ausbreiten.

Die Rolle von Alpha-Synuklein, Aplp1 und Lag3 im Verlauf von Parkinson

Alpha-Synuklein spielt unter normalen Bedingungen eine zentrale Rolle bei der Kommunikation zwischen Nervenzellen. Kommt es jedoch zu Fehlfaltungen, bildet es unlösliche Ablagerungen, die als Haupttreiber des neurodegenerativen Prozesses von Morbus Parkinson gelten. Neue Forschungsergebnisse eines internationalen Wissenschaftlerteams beleuchten die entscheidende Rolle der beiden Proteine Aplp1 und Lag3 bei der Ausbreitung dieser schädlichen Alpha-Synuklein-Ansammlungen im Gehirn.

Frühere Tierstudien zeigten, dass das Protein Lag3 an Alpha-Synuklein bindet und so dessen pathologische Ausbreitung im Gehirngewebe fördert. Allerdings wurde festgestellt, dass das Entfernen von Lag3 allein diesen Prozess nicht vollständig stoppen konnte, was auf die Beteiligung weiterer Proteine hindeutet. Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, darunter Valina Dawson und Xiaobo Mao von der Johns Hopkins University, richteten daher ihr Augenmerk auf Aplp1 – ein auf der Zelloberfläche vorkommendes Protein neuronaler Zellen. Experimente mit genetisch veränderten Mausmodellen, denen entweder Aplp1, Lag3 oder beide Proteine fehlten, zeigten: Jedes Protein kann unabhängig voneinander die Aufnahme von fehlgefaltetem Alpha-Synuklein in Nervenzellen vermitteln. Besonders auffällig: Waren beide Proteine ausgeschaltet, verringerte sich die Aufnahme toxischen Alpha-Synukleins um 90 %, was ihre gemeinsame Bedeutung für die Ausbreitung der Parkinson-Krankheit unterstreicht.

FDA-zugelassenes Medikament zeigt vielversprechende Wirkung gegen Parkinson-Mechanismen

Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Studie betrifft ein bereits von der US-Arzneimittelbehörde (FDA) zugelassenes Medikament gegen Krebs: Nivolumab/Relatlimab, das bei Melanomen zum Einsatz kommt. Dieses Medikament enthält einen Antikörper, der gezielt Lag3 angreift. Bei Mäusen führte die Verabreichung dieses Lag3-Antikörpers dazu, dass die Interaktion zwischen Lag3 und Aplp1 gestört wurde. Dadurch konnte das Eindringen von Alpha-Synuklein in Nervenzellen größtenteils blockiert und die Entstehung krankheitsbedingter Proteinablagerungen deutlich reduziert werden.

„Da wir jetzt wissen, wie Aplp1 und Lag3 zusammenwirken, können wir den Beitrag von Alpha-Synuklein zum Krankheitsverlauf von Parkinson besser verstehen“, erklärte Dr. Xiaobo Mao. Die Forschung zeigte, dass das Blockieren dieser Interaktion einen stärkeren Schutzeffekt bietet als das gezielte Ausschalten von Lag3 allein, was auf die enge Verbindung beider Proteine zurückzuführen ist.

Auch Dr. Ted Dawson betonte die Relevanz der Ergebnisse: „Der Anti-Lag3-Antikörper verhinderte effektiv die weitere Ausbreitung von Alpha-Synuklein-Samen im Mausmodell und erzielte eine höhere Wirksamkeit als die alleinige Entfernung von Lag3, bedingt durch die enge Assoziation mit Aplp1.“ Diese Daten unterstreichen das Potenzial des Therapieansatzes für die translationale Forschung.

Perspektiven für neue Parkinson-Therapien und nächste Schritte

Dieser Durchbruch legt nicht nur eine wichtige Grundlage zum Verständnis des Mechanismus der Parkinson-Progression, sondern zeigt auch, dass bereits zugelassene Medikamente aus der Onkologie möglicherweise rasch als Behandlungen gegen neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson umgewidmet werden könnten. Der nächste Schritt besteht darin, die Lag3-Antikörpertherapie in Tiermodellen sowohl für Parkinson als auch für Alzheimer weiter zu testen, da erste Ergebnisse auf eine ähnliche Rolle von Lag3 auch bei anderen Demenzerkrankungen hindeuten. Gelingt der Transfer, könnten diese Studien künftige klinische Studien vorbereiten und Hoffnung auf neue Therapieoptionen zur Verlangsamung oder sogar zum Stopp des Fortschreitens von Parkinson und verwandten Krankheiten geben.

Fazit

Diese aktuellen Forschungsergebnisse stellen einen bedeutenden Fortschritt für das Verständnis der Parkinson-Krankheit dar. Die Aufklärung der Wechselwirkung zwischen Aplp1 und Lag3 eröffnet neuartige Therapieansätze. Die Möglichkeit, ein bereits von der FDA zugelassenes Medikament umzuwidmen, könnte die Entwicklung der ersten wirksamen Behandlungen von Parkinson erheblich beschleunigen, die Versorgung Betroffener weltweit revolutionieren und gleichzeitig Einblicke in die Krankheitsmechanismen vieler neurodegenerativer Erkrankungen liefern.

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