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Sagittarius A*: Das Herz der Milchstraße
Im Zentrum unserer Milchstraße befindet sich Sagittarius A* (Sgr A*), ein supermassereiches Schwarzes Loch mit einer Masse von etwa vier Millionen Sonnen. Neueste Forschungen, die auf fortschrittlicher künstlicher Intelligenz und Bilddaten des bahnbrechenden Event Horizon Telescope (EHT) basieren, haben gezeigt, dass sich Sgr A* nahezu mit der maximal möglichen Geschwindigkeit dreht und damit die Grenzen der Physik austestet.
Das Event Horizon Telescope: Wegweisende Bildgebung Schwarzer Löcher
Das Event Horizon Telescope ist eine internationale Kooperation, die Radioteleskope weltweit synchronisiert und so ein virtuelles Teleskop von der Größe der Erde schafft. Zu den bedeutendsten Erfolgen zählt die erste direkte Aufnahme des Schattens eines Schwarzen Lochs—zunächst von M87* in der fernen Virgo-Galaxie und anschließend von Sgr A*. Diese Bilder ermöglichen der Menschheit bislang unerreichte Einblicke in diese geheimnisvollen kosmischen Giganten.
Obwohl diese Aufnahmen Meilensteine in der Astronomie darstellen, bleibt ihre Interpretation eine große wissenschaftliche Herausforderung. Die Daten sind begrenzt und werden durch die komplexen physikalischen Prozesse in der Nähe des Ereignishorizonts beeinflusst. Um diese Hürden zu überwinden, greifen Astrophysiker auf hochentwickelte Computersimulationen und künstliche Intelligenz zurück, mit dem Ziel, die Beobachtungsdaten in aussagekräftige physikalische Erkenntnisse zu übersetzen.

Mit KI zu neuen Einblicken: Das Verhalten Schwarzer Löcher neu bewertet
Ein Forschungsteam unter der Leitung des Astronomen Michael Janssen—von der Radboud Universität in den Niederlanden und dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Deutschland—entwickelte einen innovativen Ansatz. Mithilfe von Hochleistungsrechnern simulierten sie Millionen theoretischer Schwarzer Löcher mit unterschiedlichen Eigenschaften wie Rotationsgeschwindigkeit, Ausrichtung und umgebendem Material. Mit diesen Modellen trainierten sie neuronale Netze, die in der Lage sind, feine Merkmale und Muster in den EHT-Daten zu erkennen.
Durch diese KI-gestützte Auswertung fanden die Forscher überzeugende Hinweise darauf, dass Sgr A* mit nahezu maximaler, durch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie vorgegebener Geschwindigkeit rotiert. Bemerkenswert ist auch, dass die Rotationsachse von Sgr A* auf die Erde gerichtet ist und der beobachtete helle Ring das Resultat heißer Elektronen ist, die in der gekrümmten Raumzeit starke Strahlung aussenden.
Eine der überraschendsten Entdeckungen betrifft die Magnetfelder in der Materie rund um Sgr A*. Entgegen gängiger theoretischer Modelle stimmen deren beobachtete magnetische Eigenschaften nicht vollständig mit bestehenden Erklärungen überein—ein Hinweis darauf, dass unsere aktuelle Physik Schwarzer Löcher noch verbessert werden muss.
Vergleich mit fernen Schwarzen Löchern: Der Fall M87*
Die Studie wurde auch auf M87*, das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie Virgo A, rund 55 Millionen Lichtjahre entfernt, ausgeweitet. Zwar rotiert auch M87* schnell, jedoch langsamer als Sgr A*. Bemerkenswert ist zudem, dass sich M87* scheinbar entgegen der Rotation seiner umgebenden Materiescheibe dreht—vermutlich das Ergebnis einer urzeitlichen Kollision mit einem weiteren gigantischen Schwarzen Loch.

Expertise und Ausblick: Die Zukunft der Schwarzen-Loch-Forschung
„Das Widersprechen bestehender Theorien ist sowohl spannend als auch herausfordernd“, sagt Dr. Michael Janssen. Er betont, dass künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen wichtige erste Schritte darstellen, aber weiterentwickelte Modelle und zusätzliche Datensätze notwendig sind, um unser Verständnis wirklich zu vertiefen.
Mit dem im Bau befindlichen Africa Millimetre Telescope, das bald Teil des EHT-Netzwerks wird, erwarten Forschende noch präzisere Beobachtungen supermassereicher Schwarzer Löcher. Diese verbesserten Daten werden es ermöglichen, die Prinzipien der Allgemeinen Relativitätstheorie noch rigoroser zu testen und die wahre Natur der Gravitation in extremen Umgebungen weiter zu erforschen.
Fazit
Die jüngsten Erkenntnisse der Event Horizon Telescope-Kollaboration, verstärkt durch fortschrittliche KI-Methoden, markieren den Beginn einer neuen Ära in der Schwarze-Loch-Astrophysik. Die nahezu maximale Rotation von Sagittarius A* und überraschende magnetische Anomalien zeigen, wie weit die Forschung gekommen ist und wie viele ungelöste Rätsel noch bleiben. Mit neuen Observatorien und weiterentwickelter KI wird unser Bild der mächtigsten Objekte des Universums stetig klarer—und womöglich faszinierender—werden.
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